Deutscher Bundestag
18. Wahlperiode
Drucksache 18/1266
29.04.2014
Antwort
der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Kerstin Andreae,
Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Drucksache 18/1074 -
Rahmenbedingungen für Wagniskapital in Deutschland
Vorbemerkung der Fragesteller
Die CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, die
Rahmenbedingungen für Wagniskapital in Deutschland verändern zu wollen.
Konkret wird ein Venture-Capital-Gesetz angekündigt mit dem Ziel, Deutsch-
land als Investitionsstandort für Wagniskapital international attraktiv zu ma-
chen. Zudem sollen Investitionen in junge (Wachstums-)Untemehmen attrak-
tiver gemacht werden.
1 . Wie will die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für Beteiligungs-
investitionen insbesondere bei neu gegründeten Unternehmen verbessern?
Seit Juli 2013 ist die europäische Verordnung über Europäische Risikokapital-
fonds (EuVECA) in Kraft, welche Venture-Capital-Fonds einen sog. EU-Pass
zum EU-weiten Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Anleger bie-
tet, sofern sich diese Fonds den Anforderungen der Verordnung unterwerfen.
Handlungsbedarf auf regulatorischer Ebene ist deshalb derzeit nicht erkennbar.
Darüber hinaus überprüft die Bundesregierung derzeit, ob und ggf. wie Börsen-
gänge für junge innovative Wachstumsuntemehmen neu belebt werden könnten.
Eine stärkere Nutzung von Börsengängen als Exit-Option einer Wagniskapital-
beteiligung könnte die Rahmenbedingungen für Beteiligungsinvestitionen in
neu gegründete Unternehmen verbessern.
Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.
2. Hält die Bundesregierung die steuerliche Transparenz von Venture-Capital-
Fonds für ein geeignetes Instrument zur Verbesserung der Wettbewerbs-
fähigkeit des deutschen Venture-Capital-Marktes beim Einwerben von Mit-
teln?
Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. April 2014
übermittelt.
Die Drucksache enthält zusätzlich — in kleinerer Schrifttype - den Fragetext.
Drucksache 18/1266
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Deutscher Bundestag — 18. Wahlperiode
Die Bundesregierung weist daraufhin, dass Venture-Capital-Fonds nicht nur in
Form einer Kapitalgesellschaft, sondern gerade auch als Personengesellschaft
gegründet werden können. Personengesellschaften werden in Deutschland in
steuerlicher Hinsicht bereits nach geltendem Recht als transparent behandelt, so
dass es insoweit keiner Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen
Venture-Capital-Marktes beim Einwerben von Mitteln bedarf.
3. Welche rechtlichen und steuerlichen Änderungen der Rahmenbedingungen
für Wagniskapital plant die Bundesregierung, und welchen Zeitplan verfolgt
sie für das im Koalitionsvertrag angekündigte Venture-Capital-Gesetz?
Generelles Anliegen der Bundesregierung ist es, die Rahmenbedingungen für
Wagniskapital, einschließlich der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedin-
gungen, im steten Dialog mit weiteren Akteuren wie der Europäischen Kommis-
sion international wettbewerbsfähig zu gestalten und Deutschland als Fonds-
und Investitionsstandort für Wagniskapital noch attraktiver zu machen. So wird
die Bundesregierung durch die Einführung einer Steuerbefreiung für den Inves-
titionszuschuss Wagniskapital (neuer Name: INVEST-Zuschuss für Wagnis-
kapital) die steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapitalinvestitionen
verbessern (vgl. auch Antwort zu Frage 20). Die Bundesregierung wird sich zu-
dem für die Beibehaltung der anteiligen Steuerbefreiung des sog. Carried In-
terest (§18 Absatz 1 Nummer 4 i. V. m. § 3 Nummer 40a des Einkommen-
steuergesetzes - EStG) einsetzen.
Zu den Themen „Verlustbehandlung bei Gesellschafterwechseln“ (§ 8c des
Körperschaftsteuergesetzes - KStG) und „umsatzsteuerliche Behandlung des
Managementvergütung von Wagniskapitalfonds“ wird auf die Antworten zu den
Fragen 1 4 und 1 5 verwiesen.
Das aufsichtsrechtliche Bedürfnis nach Venture-Capital-Fonds wurde durch die
europäische Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds (EUVECA-VO,
Amtsblatt der Europäischen Union L 115/1 vom 25. April 2013) geregelt. Die
EUVECA-VO bietet Venture-Capital-Fonds einen sog. EU-Pass zum EU-wei-
ten Vertrieb an professionelle und semi-professionelle Anleger. Ob die Umset-
zung der EuVECA-VO auch eine Anpassung steuerlicher Vorschriften erforder-
lich macht, wird zurzeit geprüft.
4. Welche Regulierungen plant die Bundesregierung für den Bereich des
Crowdfundings, und welchen Zeitplan verfolgt sie dabei?
Die Bundesregierung arbeitet derzeit daran, den Verbraucherschutz im Finanz-
markt zu verbessern. Soweit Crowdfunding hiervon betroffen ist, wird die Bun-
desregierung wird sich bei ihren Überlegungen hierzu um eine Lösung bemü-
hen, die sowohl den Anliegen des Verbraucherschutzes als auch den Anliegen
der mit Crowd-lnvestitionen finanzierten jungen Unternehmen gerecht wird.
Bei weiteren Schritten, einschließlich einer möglichen Regulierung des Crowd-
funding, wird die Bundesregierung auch Überlegungen der Europäischen Kom-
mission berücksichtigen, die beispielsweise die Einführung eines „Gütezei-
chens“ zur Diskussion gestellt hat, um Vertrauen bei den Nutzem und Anlegern
zu schaffen.
5 . Wie viel Risikokapital steht nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutsch-
land zur Verfügung, und ist dies nach Einschätzung der Bundesregierung
ausreichend?
Deutscher Bundestag - 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/1266
Zur Beantwortung der Frage nach der Verfügbarkeit von Risikokapital in
Deutschland müsste das zur Verfügung stehende Kapital aller in- und ausländi-
schen Investorengruppen - sowohl informelle als institutionelle — berücksichtigt
werden, deren Investitionsfokus auf Deutschland liegt. Eine valide Schätzung
liegt hierfür nicht vor. Das in Deutschland zur Verfügung stehende Risikokapital
wird daher durch die in Deutschland getätigten Investitionen angenähert.
Risikokapitalinvestitionen werden in keiner amtlichen Statistik erfasst, da es sich
bei Wagniskapitalgebem u. a. um informelle, nichtinstitutionalisierte Marktteil-
nehmer handelt (z. B. Business Angels, Unternehmen). Daher werden der Be-
antwortung der Fragen die Auswertungen des Bundesverbands Deutscher Ka-
pitalbeteiligungsgesellschaften e. V. (BVK) zugrunde gelegt. Die BVK-Zahlen
basieren auf Angaben von Beteiligungsgesellschaften und auf aus öffentlich zu-
gänglichen Quellen recherchierten und abgeleiteten Daten. Auf europäischer
Ebene stellt die European Venture Capital and Private Equity Association
(EVCA) entsprechendes Datenmaterial zur Verfügung.
Gemäß BVK-Statistik wurde 2013 in Deutschland Wagniskapital in Höhe von
673,89 Mio. Euro investiert. Im Vergleich zum Vorjahr (567,34 Mio. Euro im
Jahr 2012) stiegen die VC-Investitionen im Jahr 2013 zwar an, das Niveau in
den Jahren 2010 und 2011 von über 700 Mio. Euro konnte jedoch noch nicht
wieder erreicht werden.
Von den 673,89 Mio. Euro an investiertem Risiko entfallen 44,07 Mio. Euro auf
die Seed-, 372,97 Mio. Euro auf die Start-up- und 256,85 Mio. Euro auf die
Later-Stage-Phase.
Investitionen in
Deutschland in Mio.
Euro (Quelle: BVK)
2010
2011
2012
2013
Seed
48,38
41,87
31,59
44,07
Start-up
386,42
399,66
335,24
372,97
Later Stage
288,64
275,87
200,51
256,85
Venture Capital gesamt
723,44
717,40
567,34
673,89
674 Mio. Euro entspricht ca. 0,02 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts
(BIP). Länder, mit denen wir im Innovationswettbewerb stehen, weisen teil-
weise deutlich höhere Anteile auf: Israel ca. 0,39 Prozent, USA ca. 0,17 Pro-
zent, Schweden ca. 0,05 Prozent, Großbritannien ca. 0,04 Prozent, Schweiz ca.
0,03 Prozent, Frankreich ca. 0,03 Prozent, Europa gesamt ca. 0,02 Prozent (Zah-
len für 2012, Quellen: EVCA 1 , OECD 2 ). Der im Vergleich zu anderen führen-
den Innovationsnationen vergleichsweise niedrige Anteil von Venture-Capital-
finanzierten Investitionen in Deutschland weist auf mögliches Verbesserungs-
potenzial im deutschen Innovationssystem hin.
Risikokapitalinvestitionen in % zum BIP (Quelle: EVCA)
LU
DK
HU
SE
IE
FI
GB
FR
NO
BE
0,1 18
0,072
0,067
0,053
0,044
0,041
0,038
0,032
0,030
0,030
NL
CH
Europa
DE
Baltic
PT
ES
AU
IT
PL
0,027
0,025
0,024
0,021
0,018
0,010
0,009
0,008
0,004
0,002
1 European Venture Capital and Private Equity Association (EVCA): 2012 Pan-European Private Equity
and Venture Capital Activity.
2 Organization of Economic Cooperation and Development: Entrepreneurship at a Glance 2013.
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4-
Deutscher Bundestag — 18. Wahlperiode
6. Sieht die Bundesregierung bei der Versorgung mit Risikokapital ein Markt-
versagen, und wenn ja, wodurch ist dieses Marktversagen nach Auffassung
der Bundesregierung verursacht?
In der Früh- und Expansionsphase ist die Untemehmensfmanzierung durch hohe
Risiken und einem hohen Grad an asymmetrischer Information gekennzeichnet.
Aufgrand der hohen Risiken, der schlechten Bonität und der wenigen Sicherhei-
ten stehen Bankdarlehen damit in der Regel selten zur Verfügung. Hieraus könne
sich eine Finanzierangslücke vor allem für das Early-Stage-Segment ergeben.
Der Mittelzufluss in Venture-Capital-Fonds ist von der zu erwartenden Rendite
oder allgemein dem Track Record abhängig. Fonds, die in der Seed- und Start-
up-Phase investieren, haben in der Vergangenheit im Durchschnitt keine posi-
tiven Renditen für ihre Fondsinvestoren erwirtschaften können. Daher ist das
Fundraising schwierig und die Mittelausstattung gering. Die Befriedigung der
Nachfrage nach Beteiligungskapital ist daher in den frühen Phasen schwierig.
7. Sieht die Bundesregierung es wegen eines Marktversagens oder aufgrund
anderer Gründe als gerechtfertigt an, wenn ein größerer Teil des Risikos von
der öffentlichen Hand übernommen wird als vom Gewinn?
Aufgrund der unter Antwort zu Frage 6 geschilderten Hausforderangen und der
wichtigen volkswirtschaftlichen Bedeutung junger innovativer Unternehmen
sieht die Bundesregierung die Förderung von Wagniskapital als gerechtfertigt
an. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, Wagniskapital zu fördern: Die öffent-
liche Hand kann sich z. B. als Investor (wie z. B. zum Großteil beim High-Tech-
Gründerfonds), als Koinvestor auf Ebene des einzelnen Investments (ERP-Start-
fonds) oder auf Ebene eines Fonds oder Investors (ERP/EIF-Dachfonds; ERP/
EIF-European Angels Fund Germany) betätigen oder fördert Wagniskapital
über die Übernahme von Risiken, z. B. auch durch die Vergabe von Garantien.
Weiterhin ist zu unterscheiden, ob zu kommerziell, also zu gleichen Bedingun-
gen wie der private Ko-Investor finanziert wird oder mit einem Beihilfeelement.
Die genannten Wagniskapitalförderinstramente des Bundes sind durchweg sym-
metrisch gestaltet und enthalten keine Begünstigung des privaten Investors. Ei-
nige Förderformen mit asymmetrischer Risikoverteilung sind aus dem Ausland
bekannt. Ein Beispiel für ein deutsches Instrument mit Beihilfewert und asym-
metrischer Risikoverteilung ist der Investitionszuschuss Wagniskapital (neuer
Name: INVEST-Zuschuss für Wagniskapital), durch den dem Investor 20 Pro-
zent seiner Beteiligung als Zuschuss erstattet wird, er jedoch 100 Prozent der er-
worbenen Geschäftsanteile behält. Somit trägt er nur 80 Prozent des Risikos.
8. Wie viel Risikokapital steht nach Kenntnis der Bundesregierung in anderen
Ländern der Europäischen Union zur Verfügung, und welche Ursachen
sieht die Bundesregierung für einen unterschiedlichen Zugang zum Risiko-
kapital in der Europäischen Union?
In einigen anderen EU-Ländern wird im Verhältnis zum BIP deutlich mehr Wag-
niskapital investiert als in Deutschland (vgl. Antwort zu Frage 5). Verlässliche
Daten zu den unterschiedlichen Zugängen liegen nicht vor, eine der Ursachen
könnte die in Deutschland im Vergleich zu angelsächsischen Daten geringere
Bedeutung von Pensionsfonds sein.
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9. Wie verteilt sich die Verfügbarkeit von Risikokapital auf die verschiede-
nen Finanzierungsphasen von jungen Unternehmen — Seed Stage, Early
Sage, Later Stage?
Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen.
10. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche
Rendite eines europäischen Venture-Capital-Fonds (bitte nach Ländern
des Fondssitzes bzw. Zielland der Investitionen und Jahr des Fondsstartes
aufschlüsseln)?
Zu den Venture-Capital-Renditen in Europa gibt es eine Studie des europäischen
Verbandes EVCA mit Stichtag 31. Dezember 2012. Danach ergaben sich in
Europa jährliche Nettorenditen im Frühphasenmarkt (Seed und Early Stage) im
vorherigen Fünfjahreszeitraum von minus 1,83 Prozent p. a., im Zehnjahreszeit-
raum von minus 1,37 Prozent p. a. und im Zwanzigjahreszeitraum von minus
0,65 Prozent p. a. Im Spätphasenwagniskapitalmarkt (Later Stage) ergaben sich
in Europa jährliche Nettorenditen im vorherigen Fünfjahreszeitraum von plus
0,43 Prozent p. a., im Zehnjahreszeitraum von plus 0,26 Prozent p. a. und im
Zwanzigjahreszeitraum von plus 3,35 Prozent p. a. Eine europäische Studie, die
die Renditen aufgegliedert nach den Ländern des Fondssitzes, den Zielländern
der Investitionen und den Jahren des Fondsstartes umfassend und nicht nur für
einzelne Länder erfasst, liegt der Bundesregierung nicht vor.
1 1 . Sieht die Bundesregierung in Deutschland eine mangelnde Risikobereit-
schaft der Kapitalgeber, in junge innovative Unternehmen zu investieren,
wie differenziert sich dies nach Branchen, und wenn ja, welche Gründe
sieht die Bundesregierung hierfür?
Die Risikobereitschaft der Investoren hängt sehr stark von den Ertragserwar-
tungen ab. Sind diese aufgrund schlechter Renditen oder ungünstiger Rahmen-
bedingungen unzureichend, sinkt die Investitionsbereitschaft. Zu beobachten ist
eine Verschiebung der Investitionsschwerpunkte weg von kapitalintensiven
Branchen mit langem Investitionshorizont (Bio-Pharma, Cleantech, o. Ä.), bei
denen der Erfolg oder Misserfolg eines Investments erst nach langen Jahren sicht-
bar wird. Stattdessen setzen die Venture-Capital-Gesellschaften stärker auf ka-
pital- und damit risikoarme Investments (vergleichsweise kleine Finanzierungs-
runden, Branchenfokus eher im Bereich IT/Internet/E-Commerce), bei denen
verhältnismäßig kleine F inanzierungen anfangs und auch perspektivisch notwen-
dig sind und bei denen die Geschäftsmodelle schnell wachsen oder schnelle Er-
folge zeigen können. Die Zahl großer Finanzierungsrunden (> 1 0 Mio. Euro) ist
zuletzt gesunken und solche Runden sind eigentlich nur durch Einbindung inter-
nationaler Investoren umsetzbar.
12. Wer sind nach Kenntnis der Bundesregierung die wichtigsten Risikokapi-
talgeber für junge Unternehmen in Deutschland (bitte nach Inland und
Ausland aufschlüsseln)?
Wagniskapital wird von Business Angels und Venture-Capital-Fonds (private,
öffentliche und Corporate- Venture-Fonds) zur Verfügung gestellt. Business An-
gels konzentrieren sich dabei vor allem auf die Phase kurz nach der Unterneh-
mensgründung, während Venture-Capital-Fonds in der Regel später einsteigen.
Dabei gewinnen ausländische Venture-Capital-Fonds derzeit an Bedeutung: Das
in Deutschland investierte Risikokapital übersteigt die letzten Jahre das Volu-
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men der in Deutschland neu aufgelegten Fonds. Ausländische Fonds decken der-
zeit bereits einen großen Teil des Kapitalbedarfs in Deutschland ab.
Fundraising deutscher Venture-Capital-Fonds vs. Venture-Capital-Investitionen
in Deutschland (Quelle: PEREP Analytics/BVK)
in Mio. Euro
2010
2011
2012
2013
Fundraising deutscher
VC Fonds
564,0
1.377,0
376,4
440,4
Investitionen in Ven-
ture Capital gesamt
723,4
717,4
567,3
673,9
Differenz
- 159,4
659,6
-190,9
-233,5
Venture-Capital-Investitionen in Deutschland nach Herkunft/Sitz der Venture-
Capital-Gesellschaften (Quelle: PEREP Analytics/BVK)
in Mio. Euro
2012
2013
Deutsche Zentrale
404,9
437,8
Fokales Büro einer ausl. VC Gesell-
schaft
25,9
35,7
Ausländische VC-Gesellschaft ohne
Büro in D
136,5
200,4
Summe VC Investitionen in D
567,3
673,9
13. Welche Änderungen plant die Bundesregierung im Bereich der Venture-
Capital-Fonds, und welchen Zeitplan verfolgt sie dabei?
Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen.
14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Umsatzsteuerpflicht für Fonds-
managementleistungen, und hält es die Bundesregierung für sinnvoll, diese
abzuschaffen?
Die vonseiten der Beteiligungswirtschaft geschilderte unterschiedliche Umsatz-
steuerbesteuerung der Fondsmanagementdienstleistungen in Europa konnte noch
nicht abschließend geklärt werden.
15. Hält die Bundesregierung eine Modifizierung der Mantelkaufregelung
(§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes - KStG), Verlustvorträge im Falle
von Wagniskapital zuzulassen, für sinnvoll, und wie hoch wären die Steuer-
mindereinnahmen einer solchen Änderung?
Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 (BGBl. I
2009 S. 3950) wurde § 8c KStG u. a. um die sogenannte Stille-Reserve-Klausel
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ergänzt, wonach Verlustvorträge in Höhe der vorhandenen stillen Reserven er-
halten bleiben. Von dieser Regelung profitieren bereits auch Unternehmen, in
denen Wagniskapital investiert wird. Im Übrigen hat die Europäische Kommis-
sion die durch das Bürgerentlastungsgesetz vom 16. Juli 2009 (BGBl. I 2009
S. 1959) ebenfalls eingeführte Sanierungsklausel als unionsrechtswidrige Bei-
hilfe eingestuft. Die gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gericht
anhängigen Klageverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregie-
rung ist zuversichtlich, dass einer der Klagen stattgegeben wird. Sollte das
Europäische Gericht hingegen der Auffassung der Kommission folgen, wird die
Bundesregierung den § 8c KStG unter Berücksichtigung der Grundsätze dieser
Entscheidung zur Sanierungsklausel neu bewerten, auch in dem Bemühen, dabei
die Interessen der Wagniskapitalfinanzierung zu berücksichtigen.
16. Wäre nach Einschätzung der Bundesregierung eine Ausnahme für Wag-
niskapital analog der Sanierungsklausel europarechtskonform, und unter
welchen Bedingungen?
Auf die Antwort zu Frage 1 5 wird verwiesen.
17. Gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung einen Bedarf für eine
Steuerstundung von Veräußerungsgewinnen?
Soweit mit der Steuerstundung für Veräußerungsgewinne die Einführung einer
sog. „Roll-Over-Lösung“ gemeint ist, bietet bereits das geltende Recht Möglich-
keiten, Veräußerungserlöse entweder auf neue Investitionen zu übertragen und
damit einen Steuerstundungseffekt zu erreichen oder steuerfrei zu vereinnah-
men. Ein gewerblich tätiger Business Angel kann nämlich seinen Gewinn aus
der Veräußerung einer mindestens sechs Jahre im inländischen Betriebsvermö-
gen gehaltenen Beteiligung nach geltendem Recht nach Maßgabe des § 6b Ab-
satz 10 EStG bis zu einer Höhe von 500 000 Euro auf neue Beteiligungen über-
tragen (= Roll-Over) und so die Versteuerung des Gewinns zeitlich bis zum Ver-
kauf des Reinvestitionsobjekts hinausschieben. Zudem können Business Angels
ihre Investitionen auch über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft tä-
tigen. In diesem Fall wären die Erlöse aus dem Verkauf einer Beteiligung nach
§ 8b KStG steuerfrei, so dass es nach geltendem Recht hier einer Roll-Over-Lö-
sung nicht mehr bedarf.
18. An welche Bedingungen wäre eine solche Stundung zu knüpfen, und wel-
che Steuermindereinnahmen wären daraus zu erwarten?
Die Frage stellt sich nach Auffassung der Bundesregierung nicht. Insoweit wird
auf die Antwort zu Frage 1 7 verwiesen.
19. Wie lautet die erste Bilanz der Bundesregierung zu dem am 15. Mai 2013
gestarteten Programm des Wagniskapitalzuschusses?
Der Investitionszuschuss Wagniskapital (neuer Name: INVEST-Zuschuss für
Wagniskapital) wurde gut am Markt angenommen. Seit Mai 20 1 3 bewilligte das
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Zuschüsse für 345 In-
vestitionen privater Kapitalgeber in Höhe von 5,3 Mio. Euro (Stand 11. April
2014). Damit konnte Wagniskapital von über 25 Mio. Euro für junge innovative
Unternehmen mobilisiert werden.
Drucksache 18/1266
Deutscher Bundestag — 18. Wahlperiode
20. Welche Pläne hat die Bundesregierung für die Veränderung des Wagnis-
kapitalzuschusses, und welchen Zeitplan verfolgt sie dabei?
Auf Basis der ersten Erfahrungen mit dem Investitionszuschuss Wagniskapital
wurde kürzlich die Förderrichtlinie angepasst, um den Besonderheiten des deut-
schen Wagniskapitalmarktes noch besser gerecht zu werden. Die neue Richtlinie
tritt am 22. April 2014 in Kraft. Neben Änderungen der Fördervoraussetzungen,
die sowohl die Investoren als auch die Unternehmen betreffen, wird die Maß-
nahme in „INVEST-Zuschuss für Wagniskapital“ umbenannt. Die Förderhöhe
bleibt unverändert. Weiter strebt die Bundesregierung eine Steuerbefreiung des
Zuschusses an, damit die Anreizsetzung der Maßnahme vollständig zur Wirkung
kommen kann (vgl. Antwort zu Frage 21). Die Steuerbefreiung soll zeitnah um-
gesetzt werden.
2 1 . Inwiefern hält die Bundesregierung eine Befreiung von Ertragsteuem auf
den Wagniskapitalzuschuss für eine sinnvolle Maßnahme?
Der Investitionszuschuss Wagniskapital (neu: INVEST-Zuschuss für Wagnis-
kapital) und wurde vor ca. einem Jahr (im Mai 2013) vom federführenden Bun-
desministerium für Wirtschaft und Energie eingeführt. Business Angels erhalten
danach für ihre Investments in nichtbörsennotierte Kapitalgesellschaften einen
Zuschuss in Höhe von 20 Prozent der investierten Summe (bezuschusste Inves-
titionen von mindestens 10 000 Euro und maximal 250 000 Euro). Die geplante
Befreiung des Zuschusses von Ertragssteuern ist aus Sicht der Bundesregiemng
eine sinnvolle Maßnahme, mit der die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen
für Wagniskapitalfinanzierung nachhaltig verbessert und damit die Vorgabe des
Koalitionsvertrags umgesetzt wird.
22. Welche Förder- und Finanzierungsinstrumente für Wagniskapital gibt es
auf Bundes- bzw. nach Kenntnis der Bundesregiemng auf Länder- bzw.
EU-Ebene, wie beurteilt die Bundesregiemng diese auf ihre Wirkung und
Kompatibilität, und sieht die Bundesregiemng hier Anpassungsbedarf?
Einen Überblick über die bietet die Förderdatenbank des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Energie (www.foerderdatenbank.de).
Die Förderangebote auf Ebene des Bundes (insbesondere der High-Tech-Grün-
derfonds, der ERP-Startfonds, der ERP/EIF-Venture-Dachfonds, der ERP/EIF-
Business Angels Fund Germany, EXIST, das KfW-Programm WIN und der In-
vestitionszuschuss Wagniskapital) sind in ihrer Ausdifferenzierung (z. B. nach
Phasen der Untemehmensentwicklung, Beihilfewert, Unterscheidung nach di-
rekten Investments in die Unternehmen und indirekten Investments über Fonds
und refinanzierte Investoren) sehr gut aufeinander abgestimmt und ergänzen
einander weitgehend überschneidungsfrei.
Die Förderangebote der Länder setzen in der Regel auf den verfügbaren europä-
ischen und Bundesangeboten auf und ergänzen diese insbesondere mit Blick auf
regionale Bedarfe, z. B. durch den Einsatz von europäischen EFRE -Mitteln, die
ausschließlich von den Bundesländern bewirtschaftet werden oder in der Pre-
Seed-Phase mit einem stark regionalen Marktbezug.
Die europäischen Förderangebote sind ganz überwiegend indirekt ausgelegt,
d. h. wählen den Weg über nationale Intermediäre oder kooperieren mit diesen,
wie z. B. der Europäische Investitionsfonds (EIF) bei seinen Programmen in Ko-
operation mit dem ERP-Sondervermögen.
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23 . Wie bewertet die Bundesregierung die teilweise Steuerbefreiung für das so-
genannte carried interest in § 3 Nummer 40a des Einkommensteuergeset-
zes, und plant sie hier eine Abschaffung oder Änderung dieser Vorschrift?
Der Carried Interest ist der von Wagniskapitalfonds den Fondsinitiatoren
(= Carry Holder) gezahlte, überproportionale, erfolgsabhängige Gewinnanteil.
Soweit dieser von vermögensverwaltenden Wagniskapitalfonds unter der Vor-
aussetzung, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter des Fonds zuvor ihr
gesamtes eingezahltes Kapital zurückerhalten haben, gezahlt wird (§18 Absatz 1
Nummer 4 EStG), ist dieser zu 40 Prozent steuerfrei (§ 3 Nummer 40a EStG).
Diese teilweise Steuerbefreiung für den Carried Interest in § 3 Nummer 40a EStG
hat sich nach Auffassung der Bundesregierung durchgehend bewährt. Eine Ab-
schaffung oder Aufhebung dieser Vorschrift ist nicht geplant.
24. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesrates (Bundesrats-
drucksachen 684/12 und 92/14) zur steuerlichen Behandlung von carried
interest, und wenn nein, warum nicht?
Die Bundesregierung kann sich der Auffassung des Bundesrates nicht anschlie-
ßen. Sie trägt erheblich dazu bei, gerade jungen Unternehmen, die auf Wagnis-
kapital angewiesen sind, die Deckung ihres Finanzbedarfs zu erleichtern. Die
Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wagniskapitalfinanzierungen ist ein
wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Die Aufhebung der wirtschaftlich
weiterhin sinnvollen und international üblichen Begünstigung des Carried In-
terest würde dieses Anliegen konterkarieren. Die Gründe für die Einführung der
Steuerbegünstigung des Carried Interest bestehen damit unverändert fort.
25. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinsichtlich der Effekti-
vität und der Effizienz der Steuervergünstigung für carried interest im Hin-
blick auf die bessere Verfügbarkeit von Wagniskapital vor, und wie schätzt
die Bundesregierung die Wirkung des Instruments für diesen Zweck ein?
Auf die Antwort zu Frage 24 wird verwiesen. Ergänzend ist anzumerken, dass
diese Steuervergünstigung für die Auswahl des Managementstandorts von Venture -
Capital-Fonds und damit für die Verfügbarkeit von Wagniskapital in Deutschland
von großer Bedeutung ist. Die Aufhebung der Steuerbegünstigung würde letzt-
lich zur Abwanderung der Initiatoren von Beteiligungskapitalfonds in andere
Länder führen. Außerdem ist gerade im Bereich von Frühphasenfmanzierungen
die räumliche Nähe der Initiatoren zu den Portfoliogesellschaften zwingend für
den Erfolg der Investments erforderlich. Insbesondere unter dieser räumlichen
und zeitlichen Perspektive ist die Steuervergünstigung des Carried Interest sehr
effektiv, so dass die Gründe für die Einführung dieser Steuerbegünstigung un-
verändert fortbestehen.
26. Plant die Bundesregierung eine Evaluierung für die Steuervergünstigung
des carried interest, analog der von der Bundesregierung in der letzten
Wahlperiode veranlassten Prüfungen von mehreren Steuervergünstigun-
gen durch Wirtschaftsforschungsinstitute (ZEW Mannheim, FiFo Köln,
Copenhagen Economics), und wenn nein, warum nicht?
Die Bundesregierung plant keine Evaluierung für die Steuervergünstigung des
Carried Interest. Zur Begründung wird auf die Antworten zu den Fragen 24
und 25 verwiesen.
Drucksache 18/1266
10 -
Deutscher Bundestag — 18. Wahlperiode
27. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, junge, forschungsinten-
sive Unternehmen direkt zu fördern?
Junge, forschungsintensive Unternehmen können auf verschiedene Forschungs-
und Innovationsförderprogramme der Bundesregierung zurückgreifen, um die
weitere Finanzierung ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zu erleich-
tern. Hier stehen ihnen sowohl technologieoffene Maßnahmen, wie insbeson-
dere das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand und die Industrielle Ge-
meinschaftsforschung, und die Förderinitiative KMU-innovativ für Spitzenfor-
schung betreibende kleine und mittlere Unternehmen als auch die verschiedenen
Fachprogramme des Bundes, in denen gerade auch die Beteiligung von for-
schungs- und innovationsstarken KMU an Kooperations- und Verbundprojekte
gefördert wird, zur Verfügung. Ferner ist auch die Unterstützung zu berücksich-
tigen, die den in der Fragestellung genannten Unternehmen über Querschnitts-
maßnahmen, wie z. B. der Förderung von Clustern und Netzwerken, zu Teil wird.
28. Inwiefern plant die Bundesregierung die Einführung einer steuerlichen
Forschungsförderung?
Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 20 der Kleinen Anfrage
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Umsetzung des Koalitionsvertra-
ges durch die Bundesregierung in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und
Forschung verwiesen (Bundestagsdrucksache 18/732 vom 6. März 2014).
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83-91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
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ISSN 0722-8333